Großes Programm zum Tag des offenen Denkmals® in der Zitadelle Jülich – auch Führungen in Englisch.
Am 10. September findet bundesweit der Tag des offenen Denkmals® statt, den die Deutsche Stiftung Denkmalschutz koordiniert. Unter dem Motto „Talent Monument“ lädt der Aktionstag dazu ein, sich auf Spurensuche zu begeben und auch sonst nicht der Öffentlichkeit zugängliche Bereiche eines Denkmals zu entdecken.
Die Zitadelle Jülich gilt als bedeutendstes Beispiel italienischer Hochrenaissance im deutschsprachigen Raum. Sie ist eine mächtige Anlage: 90.000 qm groß, mit bis zu 12,5 m hohen und 40 m starken Festungsmauern, die eine Länge von rund 2,2 km haben! Unter der Zitadelle verläuft ein kilometerlanges, verwinkeltes Gangsystem.
Wälle, Bastionen und Kasematten sind allerdings nur im Rahmen von Führungen zugänglich. Sie werden kostenlos von 11 bis 17 Uhr angeboten, zusätzlich auch zwei Führungen in Englisch. Und nur an diesem Tag kann mit einer Führung das Ravelin Lyebeck erkundet werden, ein sonst unzugängliches und größtenteils erhaltenes Vorwerk. Im 2.Weltkrieg diente es der Bevölkerung als Luftschutzraum und später noch als Notunterkunft.
Für den Besuch empfiehlt sich festes Schuhwerk, da die Gänge und Wege oft uneben sind, sowie Taschenlampen für Kasematten und Ravelin Lyebeck.
Abgerundet wird das Angebot durch Führungen für Familien sowie durch die neue Sonderausstellung „Jülich –StadtRäume zwischen den Kriegen“ im Pulvermagazin der Zitadelle, die Teil des Projektes „StadtRäume der Zwischenkriegszeit im Rheinland und in Europa (1918—1939)“ ist.
Die Landschaftsgalerie im Kulturhaus am Hexenturm mit der Ausstellung „Tierisch was los – Vom Schoßhund bis zum Wildtier in der Landschaftsmalerei“ ist ebenfalls von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Kinder können hier ein „Tierisches Quiz“ lösen.
Eine Anmeldung zu den Führungen ist nicht erforderlich. Der Besuch von Zitadelle und Landschaftsgalerie sowie alle Führungen sind am Tag des offenen Denkmals® kostenlos. Informationen zu den Führungsterminen gibt es unter www.museum-zitadelle.de.
Die Kasematten im Wandel vom Horchgang zum Luftschutzbunker.
Die Jülicher Zitadelle ist in ihrem Entwurf wie in ihrem Erhaltungszustand in Nordwesteuropa nahezu einzigartig. Erkunden Besuchende sonst das Bauwerk eher von außen und oben, bietet sich ihnen ab sofort ein weiteres Highlight, das dabei wörtlich betrachtet das genaue Gegenteil bietet – nämlich tief und dunkel…
Tief unten in den Wällen und Bastionen der Zitadelle verlaufen kilometerlange verwinkelte, teils enge Gangsysteme. Sie enden in den Kanonenhäfen der Bastionen, wo sie sich in großen hallenförmigen Gewölben öffnen. Die Gänge sind ein Kasemattensystem sowie später angelegte Kommunikationsgänge, die auch als „Horchgänge“ dienten. Sie sollten es ermöglichen zu hören, ob Angreifer die Festung unterminierten, um sie durch die Explosion von Pulverladungen zu zerstören und einnehmen zu können.
Mitte des 16. Jahrhunderts galt die hochmoderne Festungsbauweise der Zitadelle mit breiten Wällen und pfeilförmigen Bastionen als optimaler Schutz gegen die seinerzeit neuartigen Pulvergeschütze. Dieses Bastionärssystem blieb im Grunde für 300 Jahre Stand der Verteidigungstechnik, verlor dann aber schnell an Bedeutung und geriet in Jülich unter einem hohen Baumbewuchs fast in Vergessenheit.
In den Kasematten bieten Rundgänge eine Reise durch Raum und Zeit. Foto: Stadt Jülich/Gisa Stein
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In den Kasematten bieten Rundgänge eine Reise durch Raum und Zeit. Foto: Stadt Jülich/Gisa Stein
Im 2. Weltkrieg bot die Zitadelle Schutz bei Luftangriffen. Die Tour „Luftschutz“ bringt diese Zeit nahe. Foto: Dr. Rüdiger Urban
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Im 2. Weltkrieg bot die Zitadelle Schutz bei Luftangriffen. Die Tour „Luftschutz“ bringt diese Zeit nahe. Foto: Dr. Rüdiger Urban
Museumsleiter Marcell Perse (2.v.r.), Fördervereinsvorsitzender Dr. Rüdiger Urban (2.v.l.) und Mariele Egberts und Bernhard Dautzenberg vom Gästeführungsteam freuen sich auf viele interessierte Menschen, um diese mit auf Tour zu nehmen. Foto: Stadt Jülich/Gisa Stein
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Museumsleiter Marcell Perse (2.v.r.), Fördervereinsvorsitzender Dr. Rüdiger Urban (2.v.l.) und Mariele Egberts und Bernhard Dautzenberg vom Gästeführungsteam freuen sich auf viele interessierte Menschen, um diese mit auf Tour zu nehmen. Foto: Stadt Jülich/Gisa Stein
Doch im 2. Weltkrieg entsann man sich der dicken Wälle und der tiefen Gangsysteme der Zitadelle. Sie dienten der Bevölkerung als Luftschutzräume, wovon noch heute sichtbare Spuren zeugen. Auch nach dem Krieg dienten die Gewölbe lange als Notunterkünfte für die zurückgekehrte Bevölkerung des zerstörten Jülichs.
Diese unterschiedlichen Nutzungen als Verteidigungssystem und Luftschutzräume werden ab sofort mit der „JÜLTUBE“ für alle erlebbar. „JÜLTUBE“ steht als Wortspiel in Anlehnung an die liebevoll „Tube“ (dt. „Röhre“) genannte Londoner U‑Bahn „London Underground“. Möglich macht die „JÜLTUBE“ die Kooperation von Museum Zitadelle Jülich und dem Förderverein Festung Zitadelle Jülich, der auf Anregung von Museumsleiter Marcell Perse „die JÜLTUBE auf die Schiene gesetzt hat“, zwei Touren auf einem „Streckennetz“ entworfen und einen Informationsflyer gedruckt hat.
„Ich freue mich, dass wir mit dem Förderverein einen Partner haben, der die spannende unterirdische Welt der Verteidigungssysteme der Zitadelle und ihre Rolle im 2. Weltkrieg als neue Erlebnisführung mit anderem Schwerpunkt einbringt“, so Marcell Perse als Leiter des Museums Zitadelle Jülich. „Natürlich fährt da unten keine U‑Bahn“, muss Dr. Rüdiger Urban als Vorsitzender des Fördervereins alle enttäuschen, die sich Hoffnung gemacht haben, bequem die unterirdische Welt zu erleben. „Es ist einfach ein markantes Wortspiel. Vielleicht avanciert die JÜLTUBE zu einem neuen Jülicher Besuchermagneten“, ergänzt er. „Auch, wenn man diese tiefen Gangsysteme zu Fuß durchwandern muss, die Gäste lernen viele neue Aspekte zu ihrem Aufbau und ihrer Funktion kennen – sowohl in ihren aktiven Zeiten als auch als Luftschutzräume im 2. Weltkrieg“, betont Gästeführerin Mariele Egberts.
Der Förderverein bietet zwei Touren an. Die Tour „Horchgang“ führt von der Johannes-Bastion durch die Westkurtine zur Salvator-Bastion, im Norden weiter zur Marianne-Bastion und durch die Ostkurtine wieder hinaus. Hier erschließt sich den Gästen unter anderem der innere Aufbau der Zitadellenwälle, das Angriffs‑, aber auch das Verteidigungsprinzip der Unterminierung und in diesem Zusammenhang die Funktion der Horchgänge, die Spuren des großen Testschießens auf die Zitadelle von 1860 sowie das Festungsbauwerk als „Tropfsteinhöhle“.
Die Tour „Luftschutz“ führt von der Wilhelmus-Bastion durch die Ostkurtine in die Marianne-Bastion und zurück zum Ravelin Lyebeck. Ergänzend zu den in bisherigen Führungen vermittelten Grundprinzipien des bastionären Festungsbaus wird hier der Schwerpunkt auf die noch heute erkennbaren Spuren der Nutzung der Kasematten im 2. Weltkrieg als Luftschutzräume sowie danach als Notunterkünfte gelegt.
Beide Touren für jeweils maximal 25 Personen führen durch oft schmale und niedrige unterirdische Gänge, streckenweise geht es aber auch oberirdisch über die Wälle. Sie werden ausschließlich von Mai bis September angeboten, da in den anderen Monaten die Fledermäuse in den Kasematten überwintern. Notwendig für die nicht barrierefreien Touren sind stets festes Schuhwerk und – falls vorhanden – Taschenlampen. Start der 90-minütigen Gästeführung ist an der Pasqualinibrücke, dem stadtseitigen Eingang der Zitadelle.
Gebucht werden können die Touren bei Gisa Stein im Amt für Stadtmarketing, Tel.: 02461–63418, unter gstein@juelich.de oder per Buchungsformular unter www.juelich.de/gaestefuehrungen. Der Preis pro Führung beträgt 50 Euro zuzüglich Museumseintritt in Höhe von 5,- Euro pro Person, ab zehn Personen gilt der Gruppentarif von 4,- Euro pro Person.